P19 EVENT

P19 Roundtable Lunch #5 mit bluesource, warrify und George Labs: der digitale Rechnungsbeleg

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Der fünfte P19 Roundtable Lunch am 18.07. im Wiener Hotel Le Méridien hatte ein Thema im Fokus: der digitale Rechnungsbeleg. Impulse kamen von Martin Sprengseis, bluesource, Enzo Duit, warrify, und Michael Schoder, George Labs.

Warum haben wir noch keinen digitalen Rechnungsbeleg? In Österreich werden täglich rund 2,4 Bäume oder 239.100 Kilometer Papier für Belege unter 12,40 Euro verbraucht, die direkt im Müll landen. Das Problem liegt in fehlenden Datenstandards und Spielregeln.

Enzo Duit von warrify, dem Marktführer in Österreich und Deutschland für digitale Belege, erklärt, dass die Herausforderung in den Daten liegt. Obwohl digitale Rechnungsbelege seit 2016 grundsätzlich möglich sind, scheint im Handel niemand wirklich mit den Daten arbeiten zu wollen.

Ein digitaler Rechnungsbeleg enthält rund 100 Datenpunkte, die von Punkt A – dem Händler – über Punkt B – die Bank – bis hin zu Punkt C – die Banking-App übertragen werden müssen. Aber es fehlen eindeutige Standards, die diesen Prozess definieren. Im Bereich des Open-Banking gibt es solche Vorgaben, aber im „Open Retail“ fehlen sie noch. Martin Sprengseis, Managing Partner bei bluesource, bringt es auf den Punkt: Es fehlen einfach einheitliche Standards und Regeln, an die sich alle halten. Deshalb ist der Beleg einer der wenigen Schritte im Zahlungsverkehr, die noch nicht digitalisiert sind, meint Michael Schoder von George Labs, der dritte Speaker des fünften P19 Roundtable.

Deshalb funktioniert der digitale Beleg, wie wir ihn uns alle vorstellen, noch nicht ganz. In vielen Fällen werden Belege gedruckt, um sie dann wieder einzuscannen und digital zu erfassen. Ein Aufwand, den niemand betreiben möchte. Wären die Daten standardisiert – Stichwort „Open Retail“ – könnten dieser Schritt übersprungen werden. warrify bietet zum Beispiel in deutschen Globus-Märkten auf allen Kanälen – online, beim POS oder beim Self-Checkout – digitale Belege an, die direkt digital bei Kund:innen landen.

Wenn es in Europa um Daten geht, geht es um die DSGVO. Beim digitalen Rechnungsbeleg stellt sich die Frage, wie die Daten sicher und DSGVO-konform übermittelt werden können. Aus dem Publikum kommt die Aussage, dass die kommende PSD3-Regulierung Regeln und Standards für den digitalen Rechnungsbeleg vorsehen soll. Interoperable Standards sind wichtig, damit sinnvolle Use Cases entstehen können. Ein Einwurf besagt, dass es in Frankreich bereits Maßnahmen gibt. Doch Enzo Duit meint, dass die Händler kein Interesse zeigen, da es keine Anreize gibt, einen digitalen Rechnungsbeleg einzuführen. Schließlich würde dies dem Händler viel kosten, aber wenig bringen.

Dem entgegnet Martin Sprengseis, dass die Chancen des digitalen Rechnungsbelegs schon vor Jahren von Händlern erkannt wurden. bluesource entwickelt seit 2001 Applikationen für Händler und arbeitet seit geraumer Zeit an Lösungen für den digitalen Euro. Ein digitaler Beleg kann ein äußerst effektives Kommunikationstool sein. Er könnte die Händler-App aufwerten und die Kommunikation mit den Kund:innen darüber stärken. Loyalty-Funktionen könnten an den digitalen Rechnungsbeleg gebunden werden. Ein digitaler Rechnungsbeleg gibt wertvolle Informationen über das Kaufverhalten von Kund:innen und welche Angebote gut ankommen. Die Chancen sind da, nur müssen sie genutzt werden. Und dafür braucht es wieder Regeln. Auch aus dem Publikum, wieder von bluesource, kommt die Aussage, dass sich Händler noch nicht einig sind, wo der digitale Rechnungsbeleg am besten angesiedelt werden soll: Marketing, Sales oder doch im Management? Die Erkenntnis, dass der digitale Beleg ein effektiver Informationskanal sein kann, ist noch nicht vollständig angekommen. Aber man bewege sich in die Richtung.

Michael Schoder von George Labs betont, dass es bei allem, was passiert, eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten sein muss. Konsument:innen möchten zwar alles automatisch haben, aber Lösungen wie der digitale Rechnungsbeleg werfen auch Datenschutz-Bedenken auf. Er sieht die Lösung in einer Opt-In-Option – man sollte einem digitalen Rechnungsbeleg und dem nötigen Datentransfer zustimmen können, es aber nicht müssen. Sie solle Nutzer:innen auch etwas bringen, und eine Lösung sollte dorthin gebracht werden, wo die User sie nutzen, wie beispielsweise in Banking-, Payment- oder Loyalty-Apps. Eine Lösung mit Opt-In-Möglichkeit kann funktionieren, wenn die richtigen Anreize gesetzt werden, wie etwa Cashback-Programme könnten eine Möglichkeit sein. Es ist jedenfalls nicht der digitale Rechnungsbeleg selbst, der den Anreiz darstellt, sondern die Funktionen, die er ermöglicht.

Angesichts fehlender Standards und Anreize für einen digitalen Rechnungsbeleg stellt sich die Frage, wie und wann er überhaupt umgesetzt werden kann und soll. In der Runde gab es zwei Antworten: Einerseits braucht es Push-Effekt aus der Regulatorik, die einen digitalen Beleg verpflichtend macht. Jedes Kassensystem sollte eine digitale Version eines Belegs liefern können. Andererseits braucht es einen Pull-Effekt von Unternehmen, die „einfach loslegen“. Dabei ist es entscheidend, dass es sich um heimische Unternehmen handelt.

Brauchen wir überhaupt noch Belege? Ja, für einige Transaktionen schon, und das hängt vom Use Case ab: Bei einem Kauf von einem MacBook wird sicherlich ein Beleg benötigt, allein schon für die Garantie oder den Umtausch. Für eine Käsesemmel im Supermarkt eher nicht, und der Beleg landet im Papierkorb. Dennoch sollten Belege verfügbar sein und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union digital und papierlos zur Verfügung stehen.

Beim fünften P19 Roundtable am 18.07.2023 wurde klar, dass die Reise zu einem internationalen digitalen Beleg durch einheitliche Standards, klare Regeln und die richtigen Anreize vorangebracht werden kann. Alle Teilnehmer waren sich einig: Es gibt Fortschritte in diesem Bereich, und das ist sieht man gern.
 

P19 bedankt sich bei den folgenden Payment Pioneers, die exklusiv mit dabei waren:
Michael Schoder (Erste Group/GeorgLabs), Enzo Duit (Warrify), Martin Sprengseis (P19/bluesource), Dalibor Kostic (CRIF), Gerald Eder (CRIF), Maximillian Mayer (Netcetera), Michael Brönner (Mastercard), Damir Leko (Concardis), Rainer Schamberger (Eurogroup Consulting), Tanja Lackner (Payone), Benedikt Stoltenberg (WKO), Franz Deim (OeNPAY), Manuel Friedl (Handelsverband), Yannick Hofer (Bluesource), Franz Kahrer (REGAL), Iris Kluttig (Post AG), Christian Pirkner (Bluecode/EMPSA), Nicolai Rechberger (Hobex AG), Roland Toch (Qenta) und Sabine Walch (Avocard). Gestaltet und moderiert wurde der Roundtable Lunch von Birgit Kraft-Kinz (P19/KRAFTKINZ). Die Organisation kommt von Brendan Philipp (KRAFTKINZ) und Carolina Moreira Kranzelmayer (P19).

Fotos: © P19/LIEB.ICH Productions.
 

Über P19:

P19 bildet die Plattform für mehr als 900 Payment Pioneers (Stand 2023). Die Payment Pioneers sind das stark wachsende Netzwerk, welches gemeinsam daran arbeitet, Sichtbarkeit für das Hot-Topic Payment in Europa zu schaffen um Kollaboration zu fördern. Wir stehen für Austausch und Innovation in einer nachhaltigen europäischen Payment Industrie.  


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